Diabetesprävention: Zuckersteuer und Catch-up-Wachstum

In Deutschland haben 33.000 Kinder einen Diabetes mellitus Typ 1; ca. 1.000 Heranwachsende leiden am Typ 2, der eigentlich bei Erwachsenen auftritt. „Übergewicht im Zusammenhang mit Bewegungsmangel sei der Hauptrisikofaktor, so Prof. Dr. Joachim Wölfle, Direktor der Kinder- und Jugendklinik des Uni-Klinikums Erlangen und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderendokrinologie und Diabetologie.

„Catch-up-Wachstum“

Schon das Geburtsgewicht eines Säuglings sei entscheidend für sein Erkrankungsrisiko im Erwachsenenalter: Je niedriger das Gewicht des Neugeborenen, desto höher sein Risiko, eine kardiometabolische Erkrankung wie einen Typ-2-Diabetes oder Bluthochdruck zu entwickeln; auch auf eine erhöhte Krebsneigung gebe es Hinweise. „Säuglinge mit niedrigem Gewicht waren in vielen Fällen in irgendeiner Form im Mutterleib unterversorgt. Sie versuchen dann, das Defizit aufzuholen. Dieses ‚Catch-up-Wachstum‘ ist aber problematisch. Deshalb müssen wir vermeiden, dass Babys zu schnell zu viele Kalorien bekommen“, erklärt Prof. Wölfle. Aber: Für einen Typ-1-Diabetes gibt es diesen Zusammenhang nicht. Warum immer mehr Kinder – vor allem Unter-Fünfjährige - den Typ 1 der Zuckerkrankheit entwickeln, ist bis heute nicht abschließend geklärt.

Zuckersteuer – ja oder nein?

Im Rahmen der Nationalen Diabetes-Strategie wird aktuell von der Koalition über eine Zuckersteuer diskutiert. Großbritannien ist Vorreiter: stark gesüßte Limonaden und Fruchtschorlen sind dort seit 2018 mit einer Steuer belegt. Ab fünf Gramm Zucker pro 100 Milliliter werden umgerechnet 20 Cent fällig, ab acht Gramm 26 Cent. Der Umsatz ging daraufhin zurück, und viele Hersteller setzten weniger Zucker zu. Wie eine Studie der Universität Oxford belegt, sank der Pro-Kopf-Verbrauch von Zucker aus Getränken seit Einführung der Steuer um 30 Prozent – für Forscher ein Erfolg in der Vorbeugung des Typ-2-Diabetes.

Auch Deutschland arbeitet an einem Gesetzentwurf, um die Zuckerkrankheit besser zu vermeiden und zu behandeln. „Wir müssen dringend etwas tun, die Zahlen sind bedrohlich“, sagt Barbara Blitzer, Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG). „Aktuell gehen wir von sieben Millionen Betroffenen in Deutschland aus. Bis 2040 erwarten wir einen Anstieg auf bis zu zwölf Millionen.“

Eigentlich sollte die Strategie schon im Herbst 2019 in beiden Koalitionsfraktionen verabschiedet werden. Damals herrschte über fast alle Punkte des Papiers Einigkeit, berichtet Dietrich Monstadt (CDU), einer der Initiatoren. Etwa darüber, die Diabetes-Bekämpfung künftig erstmals als ressortübergreifende Aufgabe zu verstehen. Man müsse es Menschen überall so einfach wie möglich machen, sich körperlich zu betätigen, meint Monstadt. „Das können wir auch im Baurecht fördern, indem wir in Neubauten Treppen statt Fahrstühle in den Mittelpunkt rücken.“ Dadurch würde man etwa in Hotels zuerst auf die Treppe statt auf den Lift zugehen. Das Ziel, die Forschung zu fördern und Prävention sowie Früherkennung auszubauen, teilen CDU und SPD ebenfalls.

Lesen Sie hier: Kernpunkte des nationalen Rahmenplans 

Unterschiedliche Auffassungen existieren jedoch beim Thema Ernährung. Insbesondere gegen die Formulierung, den Zuckergehalt in gesüßten Kinderlebensmitteln verbindlich um 50 Prozent zu reduzieren, gab es Widerstand von den Ernährungspolitikern der Union. Es wurde auf das Prinzip der Freiwilligkeit gesetzt. Doch Appelle an die Industrie haben bisher nicht gefruchtet. Die aktuellen Selbstverpflichtungen der Lebensmittelbranche sind weit von dem 50-Prozent-Ziel entfernt: Gerade einmal 20 Prozent weniger Zucker stecken inzwischen etwa in Frühstücks-Cerealien, 10 Prozent weniger in Kinderjoghurt. Und auch diese niedrigen Zielmarken werden nicht konsequent erreicht, wie kürzlich eine Erhebung des Max-Rubner-Instituts ergab.

Dabei sind aktuell bereits etwa 10 Prozent der Kinder und Jugendlichen zwischen 3 und 17 Jahren übergewichtig; mehr als 6 Prozent sind adipös. Die Zahlen zum Übergewicht würden seit ein bis zwei Jahren zumindest nicht mehr steigen,  jedoch nähmen die Fälle extremer Adipositas dafür zu. Nichtsdestotrotz seien Verbote und Strafsteuern eben keine Lösung, für eine wirkliche Veränderung des Ernährungsverhaltens brauche es Köpfchen und Überzeugung.

Lassen Sie sich zu gesunder und ausgewogener Ernährung inspirieren und hören Sie in die aktuelle Episode unseres Podcasts:

Gesundheit digital #4 „Ab morgen esse ich keinen Zucker mehr"

Jetzt zurücklehnen und entspannt zuhören 

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Seite zuletzt aktualisiert am: 22.12.2023
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